Vom 25. bis 27. November 2022 richtete das Projekt Althochdeutsches Wörterbuch unter dem Titel „Steinmeyers Erbe(n)“ einen Workshop an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in hybridem Format aus (Programm). Elias von Steinmeyer (1848–1922), Professor für Deutsche Sprache und Literatur in Erlangen, ist der Begründer des nach Anlage und Vollständigkeit einzigartigen Belegarchivs, aus dem das Althochdeutsche Wörterbuch heute in Leipzig erarbeitet wird.
Den wichtigsten Bestandteil, die mehrbändige monumentale Edition der althochdeutschen Glossen, schuf Steinmeyer in Zusammenarbeit mit Eduard Sievers (1850–1932), Professor für Deutsche Philologie in Leipzig und Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. Aus Anlass des 100. Todesjahrs Steinmeyers war dazu eingeladen, sich seinem philologischen und lexikographischen „Erbe“ zu nähern, das in dieser Gesamtheit bislang noch nie eine umfassende Würdigung erfahren hatte. Die wissenschaftshistorische Themenstellung sollte dabei ausdrücklich auch mit aktuellen Forschungsfragen verbunden werden.
An zwei Tagen wurde in einem dicht gefüllten Programm vor Ort im Saal der Akademie und mit online zugeschalteten Referenten und Gästen intensiv gearbeitet. Die insgesamt 14 Vorträge zu den Themenblöcken „Glossen“, „Zeiten und Räume“, „Netzwerke“, „Editionen“ und „Lexikographie“ widmeten sich ausgewählten Arbeitsbereichen Steinmeyers und boten zugleich eine Bestandsaufnahme von Forschungsgegenständen, ‑ergebnissen und ‑methoden in aktueller wie zukünftiger Perspektive. An die Beiträge zum Block „Lexikographie“ und speziell zum Althochdeutschen Wörterbuch schloss sich am Ende ein Besuch der Arbeitsstelle an. Dort erwartete die Gäste der vorweihnachtliche Anschnitt einer traditionellen Leipziger „Stolle“ (oder eines „Christstollens“) sowie ein geführter Rundgang durch die Räume des AWB, bei dem auch wichtige Archivmaterialien gezeigt wurden. Im Anschluss daran nahmen einige Interessierte noch das Angebot einer abendlichen Gartenführung bei Kerzenlicht im „Hortulus theodiscus“ der Akademie wahr.
Alle, die noch nicht abreisen mussten, waren am Sonntag noch zu einem Spaziergang über den Leipziger Südfriedhof eingeladen. Bei winterlicher Morgensonne und glitzerndem Raureif wurde hier an wichtige Vertreter der Leipziger Sprachwissenschaft mit internationalem Renommee erinnert. An den Grabstätten der beiden Wörterbuchbegründer Theodor Frings und Elisabeth Karg-Gasterstädt und an den Grabstätten von Eduard Sievers, Wilhelm Streitberg und August Leskien konnten Blumen zum Gedenken abgelegt werden.
Dass innerhalb der Vortragsblöcke die Zeit für Diskussionen bei weitem nicht ausreichte, war bereits der intensiven Weiterführung des Austausches in den Pausengesprächen zu entnehmen. Wie die Abschlussrunde „Steinmeyers Erbe für alle? Resümee und Perspektiven“ zeigte, konnte der Leipziger Workshop nicht nur eine detailliertere und differenziertere Sicht des Ausnahmegelehrten Elias von Steinmeyer vorbereiten. Die Erschließung seines Erlanger Nachlasses mit einer wissenschaftlichen Korrespondenz von außergewöhnlicher Bedeutung könnte es darüber hinaus ermöglichen, wesentliche Entwicklungen in der Germanistik am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts genauer nachzuvollziehen.
Alle Vorträge des Workshops werden in einem Sammelband nachzulesen sein.
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