Im Rahmen des groß angelegten Kooperationsprojekts Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist Band 107 erschienen: Die Inschriften der Stadt Wittenberg. Der Band wurde von der in Halle ansässigen Inschriften-Arbeitsstelle der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig erarbeitet und wird am 15. November in der Lutherstadt Wittenberg öffentlich vorgestellt.
Der zweiteilige Band enthält in 552 Katalogartikeln jene Inschriften, die für die Altstadt und die historischen Friedhöfe von Wittenberg überliefert sind. Die Sammlung beginnt mit den ältesten erhaltenen aus dem 13. Jahrhundert und endet im Jahr 1650. Etwa zwei Drittel aller Inschriften dieses Zeitraums sind nur abschriftlich, d. h. nicht original überliefert. Die Inschriften Wittenbergs lassen sich hauptsächlich drei Lebensbereichen zuordnen: der im späten 15. Jahrhundert wiederauflebenden Residenzkultur, der 1502 gegründeten Universität und der prosperierenden Bürgerstadt der Frühen Neuzeit. Den ersten Höhepunkt im überlieferungsreichen 16. Jahrhundert bilden die Gedächtnismale für die Kurfürsten Friedrich den Weisen und Johann den Beständigen in der Schloßkirche. Die meisterlichen Messingreliefs fertigte die Vischer-Werkstatt in Nürnberg. Einige Jahre später schuf der Maler Lucas Cranach der Jüngere herausragende Gemälde-Epitaphien für die Stadtkirche. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wächst die Anzahl der überlieferten Gedächtnismale für Angehörige der Universität. Die außerordentlich umfangreichen und anspruchsvollen lateinischen Inschriften des Totengedenkens vergegenwärtigen den Bildungsanspruch und die europaweite Vernetzung der Gelehrten in der Frühen Neuzeit. Sie bezeugen auch die personellen Verbindungen von Wittenberger Familien zur Universität, die manchmal über Generationen hinweg verfolgt werden können. Die Universität war der Ursprungsort der Reformation, die viele epigraphische Spuren hinterlassen hat. Außer diesem Großereignis schlugen sich auch andere in den Inschriften nieder wie z. B. die Türkenkriege und der Dreißigjährige Krieg.
Das Forschungsvorhaben Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit ist Teil im Akademienprogramm, das als derzeit größtes geistes- und kulturwissenschaftliches Forschungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland von Bund und Ländern getragen wird. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.