Kolloquium der Strukturbezogenen Kommission Sprachwissenschaft in Verbindung mit der Kommission Ausbreitung in Natur, Technik und Gesellschaft.
Gibt man einen Tropfen Tinte in einen Behälter mit lauwarmem Wasser, ohne aber das Wasser umzurühren oder den Behälter zu schütteln, so verteilt sich die Tintenfarbe nach einiger Zeit im ganzen Wasser – die Tinte diffundiert.
Mit dem Phänomen der Diffusion, der Ausbreitung ohne äußere Einwirkung, beschäftigt sich die Physik seit dem frühen 19. Jahrhundert, als sie begann, die Bewegung von Atomen und Molekülen zu beobachten. Ausbreitungsphänomene und die ihnen zugrundeliegenden Mechanismen sind mittlerweile Untersuchungsgenstand vieler Disziplinen – nicht minder in den Natur- und Technikwissenschaften als in den Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften. Auch jeder Linguist kommt irgendwann mit Ausbreitungsphänomenen in Berührung, sei es in Gestalt der Wortwanderung, der Ausbreitung einzelner phonetisch-phonologischer und grammatischer Besonderheiten oder prestigeträchtiger Varietäten. Nicht zuletzt bietet die Sprachgeographie einen reichen Fundus an Erscheinungen, die sich einer Interpretation als Ausbreitungsphänomene anbieten.
Können die Sprachwissenschaft ebenso wie die kulturwissenschaftlichen Disziplinen angesichts ihrer eigenen Traditionen in der Erforschung von Ausbreitungsphänomenen neue Gesichtspunkte und Anregungen gewinnen, wenn sie sich der Methoden und der Ergebnisse der interdisziplinären Diffusionsforschung versichern?
Das Kolloquium „Sprache und Wissen: Phänomene und Ursachen von Ausbreitung“ der Sprachwissenschaftlichen Kommission widmet sich diesen Fragen und unternimmt dabei auch den Versuch, traditionelle Gegenstände ggf. in neuem Licht zu sehen.
Programm
10.00 Uhr
Prof. Dr. Klaus Bochmann (Leipzig): Begrüßung und Einleitung
10.15 Uhr
Prof. Dr. Jörg Kärger (Leipzig): Ausbreitung und Sprachen: Gedanken aus der Außensicht
11.00 Uhr
Prof. Dr. Gero Vogl (Wien): Physikalische Modelle für den Sprachwechsel
11.45 Uhr
Dr. Anne Kandler (Leipzig): Gälisch im schottischen Hochland: Vorhersagen von Sprachmodellen
12.30 Uhr Pause
13.15 Uhr
Prof. Dr. Angelika Berlejung (Leipzig): Ein Phänomen und seine Ursachen: Aramäisch als Erfolgsmodell im 1. Jahrtausend v. Chr.
14.00 Uhr
Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid (Leipzig): Diffusion und Expansion in der deutschen Sprachgeschichte
14.45 Uhr
Prof. Dr. Klaus Bochmann (Leipzig): Ausbreitungsphänomene im Spätlatein und ihre Folgen für die Ausdifferenzierung der romanischen Sprachen
Moderation: Prof. Dr. Klaus Bochmann (Leipzig)
Interessenten sind herzlich willkommen.
Um Anmeldung wird gebeten an Dr. Ute Ecker, ecker@saw-leipzig.de