Sie sind hier: Startseite / Aktuelles / Neuerscheinung: Wege der Aufklärung in Deutschland

Neuerscheinung: Wege der Aufklärung in Deutschland

(Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Abhandlung der Philologisch-historischen Klasse, Band 83)


Der Band „Wege der Aufklärung“ präsentiert 21 Interviews mit Literaturwissenschaftlern und Historikern, die – als Experten – aufgrund ihrer langjährigen Kenntnis des Wissenschaftsbetriebs über fundierte Urteile und weitreichende Hintergrundinformationen zur Forschungsgeschichte verfügten und sich in den Forschungsbereichen ‚Jakobinismus‘ und ‚Empfindsamkeit‘ mit wegweisenden Beiträgen ausgewiesen hatten. Durch die explorative Interview-Technik und die kommentierenden Erläuterungen wird wissenschaftsgeschichtliches Wissen für eine in sich abgeschlossene Periode der Wissenschaftsgeschichte in bereits strukturierter Weise gesichert, wie es durch die üblichen Auswertungen von Fachliteratur, Briefzeugnissen und autobiographischen Texten vermutlich gar nicht erst sichtbar werden würde. Es ist auf diese Weise ein exemplarisches Kapitel der Wissenschaftsgeschichte entstanden, das Fachinteressen, interdisziplinäre Konstellationen sowie Fachentwicklungen in Ost- und Westdeutschland nicht zuletzt im Bezugspunkt aufschlussreicher politischer und ideologischer Perspektiven verfolgt.


Die literaturwissenschaftlichen Forschungsgegenstände ,Empfindsamkeit‘ und ,Jakobinismus‘ sind für die jüngere Wissenschaftshistoriographie in (mindestens) zweierlei Hinsicht bedeutsam. Beide Literaturströmungen gelten in der Forschungsgeschichte als besonders signifikante ,Phasen‘ bzw. Konstellationen der deutschen Aufklärung. Gemeint ist damit zum einen die – in sich widersprüchlich erscheinende – Konstitution einer bürgerlich-aufklärerischen Bewegung in der Mitte des 18. Jahrhunderts, zum anderen der Höhepunkt ihrer emanzipatorischen Bestrebungen und politischen Impulse am Ende des Jahrhunderts. Bei der Festlegung und Beschreibung dieser epochenspezifischen Zuschreibungen erwiesen sich die von anderen Disziplinen ausgegangenen Impulse zu einer umfassenden kultur- und sozialgeschichtlichen Fragestellung als forschungsbestimmend, weil diese Fragestellung ausdrücklich Hypothesen zur Formation, Entwicklung, Wandlung und – im Zuge einer zunehmenden Politisierung der germanistischen Literaturwissenschaft in den 1970er Jahren – zu den Bedingungen einer Umwandlung der bürgerlichen Gesellschaft einschloss. Der Forschungsverlauf zwischen 1965 und 1990 weist in beiden Gegenstandsbereichen analoge Merkmale auf: Verschiebungen in den methodischen Konzeptionen werden nur fallweise, nicht aber generell in einem ,zeitlichen Wechsel‘ mitvollzogen. Die Anerkennung neuer Konzeptionen hängt nicht unmittelbar mit der Konsistenz, der Leistungsfähigkeit oder dem intensiveren Gegenstandsbezug einer wissenschaftlichen Theorie zusammen: Ihre mögliche Durchsetzung wird nicht allein durch kognitive Faktoren (Wahrheitskriterien) gesteuert. Differenzierungen in der Theoriebildung bewirken nicht in jedem Fall eine Beschleunigung der Prozesse zur Problemlösung oder der Verarbeitung neuester Ergebnisse. Die breite und im Einzelfall rasche Übernahme innovativer Theoriemodelle kann zu einer Hemmung des wissenschaftlichen Fortschritts (gemessen an der innerdisziplinären Informationsvergabe) führen. Speziell das (politisch inspirierte) Konzept „Literarischer Jakobinismus“ erwies sich als brüchig und anfällig, was zunächst mit den korrespondierenden Irritationen seiner historiographischen Rückversicherung in der Geschichtswissenschaft zusammenhängt: Der sogenannte deutsche Jakobinismus war trotz umfassender Quellenforschungen in seinen Protagonisten und agitatorischen Schriften nur punktuell dem programmatischen Jakobinismus in Frankreich kommensurabel. Folgerichtig ist in der literaturwissenschaftlichen Perspektive das Grundproblem einer differenzierenden Merkmalszuweisung zur Unterscheidung zwischen oppositionell- reformistisch orientiertem Liberalismus und revolutionärem Demokratismus (als Jakobinismus) ungelöst geblieben.

 

Weitere Neuerscheinungen finden Sie auf dieser Homepage unter dem Menüpunkt Publikationen.

 

Termine
Öffentliche Frühjahrssitzung 2024 12.04.2024 16:00 - 18:00 — Festsaal des Alten Rathauses zu Leipzig, Markt 1, 04109 Leipzig
DIKUSA-Projekt: Forschungstag mit Halbzeitbilanz 15.04.2024 13:00 - 17:30 — Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB), Klemperersaal, Zellescher Weg 18, 01069 Dresden
Öffentlicher Vortrag zum Thema Deutsche Kunst – jüdische Identität 19.04.2024 11:15 - 12:15 — Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
RECHT HABEN WOLLEN. Wie sollen gesellschaftlich brisante Themen in der Wissenschaft debattiert werden? 07.06.2024 09:00 - 18:00 — Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
26th International Conference of the European Association for South Asian Archaeology and Art 16.09.2024 - 20.09.2024 — Universität Leipzig, Augustusplatz 10, 04109 Leipzig
Texttransfer und intertextuelle Bezüge in den Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 07.10.2024 - 09.10.2024 — Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
… darf man das? 21.10.2024 19:00 - 21:00 — Kupfersaal Leipzig, Kupfergasse 2, 04109 Leipzig
Denkströme

Denkströme IconDas Open Access (Online-)Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften:

www.denkstroeme.de

Diffusion Fundamentals

Diffusion Fundamentals IconInterdisziplinäres Online Journal für Diffusionstheorie in Kooperation mit der Universität Leipzig:
diffusion.uni-leipzig.de

Internationale Konferenzreihe:
saw-leipzig.de/diffusion