Traf die Fürsten eine Mitschuld am Bauernkrieg und welche Konsequenzen sollten sie daraus ziehen? Diese Frage stellte sich Kurfürst Friedrich von Sachsen. Er befand sich bereits schwer erkrankt in seinem Jagdschloss Lochau, als die Aufstände, die bisher vor allem in Südwestdeutschland ausgebrochen waren, im Frühjahr 1525 auch sein Kurfürstentum erreichten.
Dort trafen ab April besorgniserregende Briefe seines jüngeren Bruders Herzog Johann ein, der ihm von Forderungen ihrer Untertanen und von deren Angriffen auf Adel und Klöster in Thüringen, dem Vogtland und dem Erzgebirge berichtete.
Die Bitten des Bruders um Ratschlag zu möglichen militärischen Gegenmaßnahmen erwiderte Friedrich am 14. April 1525 mit durchaus selbstkritischen Bemerkungen. „Fylleicht had man den armen Leuthen zu solchem Aufrurhe Orsache geben“, schrieb er und hielt es nicht für ausgeschlossen, dass in Zukunft vielleicht sogar das einfache Volk die Herrschaft erlangen könnte: „Wyl eß Got alßo haben, ßo wird eß alßo hynaußgehen, das der gemayn Man regiren ßal.“
Solche Gedanken nahmen nicht etwa ein modernes, demokratisches Herrschaftssystem vorweg, sondern waren tief in der Frömmigkeit des Kurfürsten verwurzelt. Friedrich, der unter den Aufständischen teilweise einen Ruf als Schutzherr Martin Luthers und der reformatorischen Lehren genoss, führte die Aufstände nicht nur auf beschwerliche Dienste und Abgaben der Untertanen gegenüber geistlichen und weltlichen Herren zurück. Aus seiner Sicht hätten sich die Armen vor allem deshalb erhoben, weil die Obrigkeit vielerorts die freie Verkündigung des Evangeliums verboten hatte.
Die Unruhen deutete der Kurfürst als göttliche Prüfung, der sich die Fürsten geduldig und mit Gottvertrauen stellen sollten. Aus diesem Verständnis ergab sich auch Friedrichs Zurückhaltung bezüglich einer bewaffneten Niederschlagung. Als Johann die Bitten anderer Fürsten um einen gemeinsamen Heereszug an ihn herantrug, empfahl Friedrich ihm, zuerst die Beschwerden seiner Untertanen anzuhören und zu verhandeln. Blutvergießen wollte er gänzlich vermeiden.
Der jüngere Bruder folgte diesem Rat und kam seinen Untertanen beispielsweise mit der Abschaffung des Zehnten entgegen. Doch dass die Aufstände nicht gestillt werden konnten, war schließlich sogar für Friedrich „erschrecklich zu hören.“ Erst nachdem der 62-jährige Kurfürst am 5. Mai 1525 gestorben war, unterstützte Johann als sein Nachfolger die militärischen Strafmaßnahmen Herzog Georgs von Sachsen und Landgraf Philipps von Hessen. Doch als sein Heer am 20. Mai in Weimar aufbrach, hatten die anderen Fürsten bereits am 15. Mai die Bauern vor Frankenhausen geschlagen. Johann begleitete sie anschließend auf dem Strafzug gegen die Reichsstadt Mühlhausen. Der verstorbene Kurfürst Friedrich hatte ihm gegenüber zwar über einen Sieg der Aufständischen und deren anschließende Herrschaft nachgedacht, aber auch das Gegenteil für möglich gehalten. Dies habe, so Friedrich, allein in Gottes Hand gelegen.
Das Akademievorhaben „Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung“ sammelt erstmals das Quellenmaterial zur Kirchenpolitik dieser beiden Reformationsfürsten. Die Quellen werden in einer gedruckten und einer elektronischen Fassung für die Forschung zugänglich gemacht. Der dritte Band der Edition, der die Jahre 1523 bis 1525 umfasst, soll noch im Jahr 2025 erscheinen.
Bild: Lucas Cranach d. Ä.: Friedrich der Weise (um 1515), Kunstsammlungen der Veste Coburg Inv.-Nr. M. 166
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Zur Reihe "schon gewusst ..."
Die Reihe „schon gewusst …“ portraitiert in unregelmäßigen Abständen interessante und teils überraschende Fakten und Erkenntnisse aus den Forschungs- und Editionsvorhaben der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Ursprünglich war die Serie bei der Akademienunion angesiedelt. Sie versammelte Beiträge aus allen Akademien unter dem Dach der Akademienunion in Deutschland.
Archiv der Beiträge aller Akademien unter dem Dach der Akademienunion