Sie sind hier: Startseite / Aktuelles / Internationale Tagung: Beten und gesehen werden. Soziale Funktionen spätmittelalterlicher Andachtspraktiken im mitteleuropäischen Vergleich

Internationale Tagung: Beten und gesehen werden. Soziale Funktionen spätmittelalterlicher Andachtspraktiken im mitteleuropäischen Vergleich

Wann 21.06.2022 um 16:00 bis
23.06.2022 um 13:00
Wo Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
Termin übernehmen iCal
Tafeln der Zehn Gebote, Danzig, 1480-1490; Ausschnitt: Das drittes Gebot, Nationalmuseum in Warschau, Sygn. Śr 36, Fot. Teresa Żółtowska-Huszcza

THEMA


Die religiöse Dimension von Andachtspraktiken ist offensichtlich. Devotionales Handeln sollte das persönliche Heil und das von Verwandten sichern; die Existenz im Jenseits sollte auf diese Weise ermöglicht und erleichtert werden. Religiöse Andachtspraktiken hatten indes auch eine innerweltliche Dimension. Die Frömmigkeitspraktiken, egal ob individuell oder kollektiv, dienten der Identitätsbildung, sie verliehen Prestige, konnten den gesellschaftlichen und sozialen Status veranschaulichen und hatten nicht zuletzt wirtschaftliche Bedeutung. Das Funktionieren von Gemeinschaften – in einer Familie, in Bruderschaften, in einer Kirchengemeinde, in einer Stadt – wurde durch Andachtspraktiken garantiert, strukturiert und auch vereinfacht.

Ziel der Tagung ist es, für das mitteleuropäische Spätmittelalter in vergleichender Perspektive zunächst die konkreten Andachtspraktiken in den Blick zu nehmen. Dies betrifft im kollektiven Kontext etwa das Handeln in den Bruderschaften, Schenkungen und Stiftungen, Werke der Frömmigkeit, Prozessionen oder Pilgerfahrten. Stärker auf das Individuum bezogen interessieren Formen der privaten Devotion – das persönliche Gebet, die individuelle Verehrung von Reliquien, das Sammeln von Devotionalien oder die Andachtslektüre.

Die genannten Andachtspraktiken wurden in der bisherigen Forschung – auch dem Quellenstand geschuldet – bevorzugt für die geistlichen und weltlichen Eliten in den Blick genommen. Die Tagung verfolgt allerdings das Ziel, derartige Devotionspraktiken nicht für Päpste, Bischöfe, Kaiser, Könige, Fürsten und andere „Große“ zu untersuchen. Stattdessen soll versucht werden, die Andachtspraktiken der oft nur namentlich bekannten, oft anonym gebliebenen Menschen in den Städten und auf dem Land zu rekonstruieren. Es soll somit um kulturelle Praktiken gehen, die von breiten Bevölkerungsschichten geteilt wurden, oft nicht Gegenstand der scholastisch-universitären Eliten waren.

 

KONTAKT UND ANMELDUNG


PD Dr. Stephan Flemmig
PD für Thüringische Landesgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Mitglied im Jungen Forum der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
stephan.flemmig@uni-jena.de

Dr. Monika Saczyńska-Vercamer
Institut für Archäologie und Ethnologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften



PROGRAMM

(Stand: 17.06.2022)

 

DIENSTAG, 21. JUNI 2022


15.30 Uhr
Einführung  
             

Sektion I. Das religiöse Ereignis

16.00 Uhr
JÖRG SONNTAG (Dresden)       
Das Spiel als Andachtsform im späten Mittelalter

16.30 Uhr
ALICJA GRABOWSKA-LYSENKO (Toruń/Greifswald)     
„Up unse begenckenysse“. Die Ausübung von religiösen Praktiken und die Frage der Repräsentation der Bruderschaften in der Danziger Marienkirche im ausgehenden Mittelalter

17.00 Uhr
Diskussion

17.30 Uhr      
Kaffeepause

18.00 Uhr     
CHRISTIAN RANACHER (Dresden)
Das Rosenkranzgebet als egalitäre Andachtspraxis in der Lebenswelt um 1500

18.30 Uhr
MIRKO BREITENSTEIN (Dresden)      
Andacht und Schmerz. Die symbolische Präsenz des Antonius und der Antoniter

19.00 Uhr      
ENNO BÜNZ (Leipzig)
Ölbergdarstellungen als Andachtsort

19.30 Uhr
Diskussion

20.00 Uhr      
Gemeinsames Abendessen

 

MITTWOCH, 22. JUNI 2022


Sektion II. Erinnerung und Memoria

9.30 Uhr 
EWA WÓŁKIEWICZ (Warszawa)
Kurzzeitige Memoria, ewiges Vergessen. Totengedanken an der St. Johannes Ev.-Kirche in Neisse im Spätmittelalter

10.00 Uhr
PIOTR OLIŃSKI (Toruń)
Bauern und Bürger im liturgischen Gedächtnis von pommerellischen und pommerschen Klöstern

10.30 Uhr
Diskussion

11.00 Uhr      
Kaffeepause

11.30 Uhr
PIOTR KOŁODZIEJCZAK (Toruń) 
The Pious Gifts of Germans in Late Medieval Stockholm:  Commemoration, Integration, and the Town Law

12.00 Uhr
MONIKA SACZYŃSKA-VERCAMER  (Warszawa)
Dinge in frommen Gaben in Krakauer Testamenten des 15. Jahrhunderts. Eine vergleichende Untersuchung ihrer Funktionen

12.30 Uhr
Diskussion

13.00 Uhr
Mittagspause

Sektion III. Weg und Ort

14.30 Uhr      
JAKUB SAWICKI (Wrocław/Praha)
Devotional practices and pilgrim badges from archeological perspective. Case of Medieval Wroclaw

15.00 Uhr      
TIM ERTHEL / MARTIN SLADECZEK (Erfurt/Jena)
Die Erfurter Prozession nach Schmidstedt. Neue Erkenntnisse zu Kirche und Ausstattung einer Wüstung

15.30 Uhr
Diskussion

16.00 Uhr      
Kaffeepause

16.30 Uhr
JAN HRDINA (Praha)     
Soziale Aspekte einer spätmittelalterlichen Wallfahrt. Der Wallfahrtsort Kájov (Gojau) in Südböhmen und der Kult des hl. Wolfgang im 15. Jahrhundert

17.00 Uhr     
HARTMUT KÜHNE (Berlin)
Deutsche Jerusalempilger und Kreuzweganlagen um 1500

17.30 Uhr     
ROBERT ŠIMŮNEK (Praha)
Andachtspraktiken in adligen Residenzstädten Böhmens

18.00 Uhr
Diskussion

18.30 Uhr      
Gemeinsames Abendessen

 

DONNERSTAG, 23. JUNI 2022


Sektion IV. Krieg und Konflikt

9.30 Uhr       
PIOTR KOŁPAK (Kraków)
Socio-Religious Contexts of the Warfare: the Case of the Late Medieval Poland

10.00 Uhr
MARIE-KRISTIN REISCHL (Chemnitz)
Frömmigkeitspraktiken in den kriegerischen Auseinandersetzungen im Heiligen Römischen Reich während des Spätmittelalters

10.30 Uhr
Diskussion

11.00 Uhr
Kaffeepause

Sektion V. Bild und Wort


11.30 Uhr   
MONIKA JAKUBEK-RACZKOWSKA (Toruń)
Die religiöse Praxis in den preußischen Großstädten im Mittelalter am Beispiel der schriftlichen und ikonographischen Quellen aus Toruń (14.-15. Jahrhundert)

12.00 Uhr  
CHRISTIANE DOMTERA-SCHLEICHARDT (Leipzig)
Sehen – hören – lesen. Erscheinungsformen der spätmittelalterlichen Predigt im mitteldeutschen Raum

12.30 Uhr      
STEPHAN FLEMMIG (Jena)
Die spätmittelalterliche Verehrung des Namens Jesu

13.00 Uhr
Diskussion

13.30 Uhr       
Schlussdiskussion und Verabschiedung

14.00 Uhr
Mittagessen

 

Diese Tagung wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.

Termine
RECHT HABEN WOLLEN. Wie sollen gesellschaftlich brisante Themen in der Wissenschaft debattiert werden? 07.06.2024 09:00 - 18:00 — Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
26th International Conference of the European Association for South Asian Archaeology and Art 16.09.2024 - 20.09.2024 — Universität Leipzig, Augustusplatz 10, 04109 Leipzig
Texttransfer und intertextuelle Bezüge in den Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 07.10.2024 - 09.10.2024 — Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig
… darf man das? 21.10.2024 19:00 - 21:00 — Kupfersaal Leipzig, Kupfergasse 2, 04109 Leipzig
Denkströme

Denkströme IconDas Open Access (Online-)Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften:

www.denkstroeme.de

Diffusion Fundamentals

Diffusion Fundamentals IconInterdisziplinäres Online Journal für Diffusionstheorie in Kooperation mit der Universität Leipzig:
diffusion.uni-leipzig.de

Internationale Konferenzreihe:
saw-leipzig.de/diffusion