Die Sprachwissenschaftliche Kommission setzt am 2. Dezember die Veranstaltungsreihe "Sprechen und Schreiben" fort. Der thematische Fokus liegt diesmal auf "Schriftsysteme und Identitätspolitik".
Schriftsysteme und Orthografien werden im Alltagsbewusstsein in der Regel nicht nach den Ursachen ihres eher als willkürlich wahrgenommenen Soseins hinterfragt. Ihre Entstehung liegt für die meisten Schriftsprachen so weit zurück, dass sie das Alltagsbewusstsein als gegeben hinnimmt, ohne sich um ihre oft tatsächlich im historischen Dunkel liegenden Entstehensbedingungen zu kümmern. Werden dagegen Sprachen verschriftet, für die es bisher entweder gar keine oder eine als problematisch empfundene Schreibung gab, werden Motive sichtbar, deren Besonderheiten darauf schließen lassen, dass offenbar hinter jeder dieser Normvorgaben spezielle politische oder kulturelle Überlegungen und Absichten gestanden haben müssen.
Das diesjährige Kolloquium ist das dritte der von der Sprachwissenschaftlichen Kommission seit 2014 veranstalteten Reihe zum Thema «Sprechen und Schreiben». Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr die Frage, welche kultur-, religions- und/oder identitätspolitischen Beweggründe für die erstmalige Verschriftung oder orthografische Reformierung der betrachteten Sprachen eine Rolle gespielt haben.
Programm:
Moderation: Prof. Klaus Bochmann, Leipzig
10.30 Uhr Begrüßung und Einleitung durch Prof. Wolfgang Huschner (Leipzig)
10.45 Uhr Vortrag von Prof. Dr. Joachim Born (Gießen): Von den Antipoden bis zu den Alpen – die Orthographie als Kampfzone für Minoritäten in alter und neuer Romania
11.30 Uhr Vortrag von Prof. Dr. Verena Klemm (Leipzig): Abjad, ‘Ammiye und Arabizi: Stabilität und Wandel des arabischen Schriftsystems
12.15 Uhr Pause
13.00 Uhr Prof. Dr. Thede Kahl (Jena): Identitäts- und religionspolitische Aspekte bei der Schriftlichkeit von Sprachminderheiten in Südeuropa
13.45 Uhr Prof. Dr. Daniel Bunčić (Köln): Jan Hus und die Traditionslinien europäischer diakritischer Zeichen