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Neues BMBF-Projekt zu Johann Joachim Winckelmann unter Leitung von Akademie-Mitglied Prof. Elisabeth Décultot

Johann Joachim Winckelmann gilt als Begründer der wissenschaftlichen Kunstgeschichte und der Archäologie im deutschsprachigen Raum. In dem neu angelegten Forschungsprojekt untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der TU Darmstadt nun die Einflüsse anderer Gelehrter auf sein Werk. Grundlage bildeten für Winckelmann insbesondere die Schriften italienischer, französischer und englischer Gelehrter, die er in Auszügen abschrieb und damit sogenannte Exzerpthefte füllte. Das BMBF fördert das Projekt für drei Jahre mit knapp 1,1 Millionen Euro. Neben Prof. Dr. Elisabeth Décultot wird das Projekt geleitet von Prof. Dr. Paul Molitor vom Institut für Informatik der MLU und Prof. Dr. Andrea Rapp von der TU Darmstadt.

Exzerpte waren viele Jahrhunderte lang die gängigste Methode, um Wissen zu "speichern". Auszüge aus den Werken anderer Autoren wurden abgeschrieben, dienten als Erinnerungshilfe für Gelesenes, aber auch als Reservoir für eigene Werke. "Exzerpte waren bis ins 19. Jahrhundert für alle Wissenschaftler sehr wichtig. In der Forschung finden sie heute bislang jedoch noch wenig Beachtung", so die Germanistin Prof. Dr. Elisabeth Décultot. In einer großen Digitaledition sollen die Exzerpthefte zusammen mit den Originalwerken, aus denen Winckelmann diese abgeschrieben hatte, und entsprechenden Textstellen in seinen eigenen Werken veröffentlicht und mit entsprechenden Querverweisen versehen werden.

"Das Projekt soll als Pilotprojekt zur Erforschung solcher Exzerpte dienen", so Décultot. Während sie ihre Expertise zur Kunstgeschichte und Winckelmanns Werken einbringt, steuern die Projektpartner ihre Erfahrung im Bereich der Digital Humanities bei. Die Digitaledition soll im Open-Access-Verfahren für weitere Forschung zur freien Verfügung gestellt werden.

Durch die Verbindung der verschiedenen Texte will das Team unter anderem den Umgang Winckelmanns mit fremden Texten erforschen. "Es gibt in seinen Werken viele Fälle von dem, was man heute Plagiat nennen würde", so Décultot. Der Vergleich mit den Exzerptheften soll helfen, herauszufinden, an welchen Stellen er Textteile mit oder ohne Nennung der Autorschaft verwendet.

Bevor die Werke digital verglichen werden können, müssen sie jedoch vollständig erschlossen werden. "Die Exzerpthefte umfassen circa 7.500 Seiten, zu einem Großteil aus Werken fremdsprachiger Autoren", sagt Décultot. Diese liegen zu einem Großteil bereits digital in Form von Scans vor und müssen nun in Textform erfasst und teils übersetzt werden. "Winckelmann hat eine Vielzahl kunsthistorischer Begriffe im Deutschen geprägt, indem er französische oder italienische Wörter als Grundlage nutzte", so die Wissenschaftlerin. Mithilfe der computergestützten Analyse hofft Décultot, weitere bisher noch nicht aufgedeckte Verbindungen zwischen Winckelmanns Quellen und seinen eigenen Werken zu finden.

Winckelmann wurde 1717 in Stendal geboren und studierte für vier Semester an der Universität Halle und später in Jena. Danach arbeitete er als Hauslehrer und Bibliothekar, bevor er schließlich nach Italien reiste und in Rom zum "Aufseher aller Altertümer im Kirchenstaat" ernannt wurde. Er gilt als Begründer der modernen Kunstgeschichte und Archäologie.

Mehr Informationen unter: www.pressemitteilungen.pr.uni-halle.de

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